Warum gibt es viele junge Brennereien?

Wer die letzten Jahre den Whisky-Markt etwas beobachtet hat, der hat sicher festgestellt, dass die Anzahl der Brennereien massiv angestiegen ist. Dies nicht nur in Schottland, sondern fast überall dort, wo Whisky produziert wird wie in Irland, den USA und auf dem europäischen Festland.

Gründe für diesen Anstieg sind einerseits der anhaltende Whiskyboom in den letzten Jahren und anderseits die Zinspolitik der Notenbanken. Da man für Geld heute Strafzinsen zu bezahlen hat, investiert man in eher sichere Sachwerte wie eben Immobilien. Eine Brennerei ist erst einmal eine Immobilie. Wenn nachher mit der Zeit das Geld mit hoffentlich hochwertigen und hochpreisigen Spirituosen erwirtschaftet werden soll, muss zuerst Geld für die doch kostspieligen Gebäude und Brennapparaturen zur Verfügung gestellt werden.

Da hat sich manch ein Whisky-Liebhaber gesagt: hier liegen ein paar „Milliönchen“ Euro. Warum investiere ich diese nicht in eine (eigene) Destillerie?

Schottland: Stand heute

Die Brennereien haben in Schottland bis Mitte Juli 2020 keine Besucher empfangen. Dann durften sie den Bereich rund um die Produktion wieder öffnen wie zum Beispiel den Shop. Seit 1. September sind wiederum Touren erlaubt.

Doch nicht alle machen mit. Glenfarclas hatte Mitte Mai entschieden, das Besucherzentrum für das ganze Jahr 2020 geschlossen zu halten. Sie hielten es damals nicht für sinnvoll und halten es auch heute für nicht gut, wenn die Brennerei für Besucher geöffnet würde. Sollten Corona-Viren eingeschleppt werden, dann könnte die Brennerei für einige Zeit durch die Behörden geschlossen werden. Das möchte man vermeiden.

Andere wie Macallan haben sich dazu entschieden erst später zu eröffnen. Im Falle von Macallan wird das der 26. September 2020 sein.

Was bedeutet das für die Brennereien?

Nüchtern ausgedrückt ist dies erst einmal für alle Destillerien mit einem Besucherzentrum ein Umsatzrückgang. Es wird den einen oder anderen Arbeitsplatz kosten.

Etablierte und bekannte Destillerien und Marken bzw. Brands werden hier weniger ein Problem haben, da die Einnahmen hauptsächlich durch den Verkauf ihrer Produkte (Whiskys) zustande kommen. In Krisenzeiten wird mehr Alkohol konsumiert. Das Besucherzentrum geniert zwar nicht unerhebliche Einkünfte, dient aber unter anderem der Kundenpflege. Doch wegfallende Einnahmen können hier besser abgefedert werden.

Bei jungen Brennereien, die erst seit eins bis zwei Jahren offen sind (und davon gibt es einige), werden eher Probleme bekommen. Sie sind in den ersten Jahren auf Einnahmequellen wie ein Besucherzentrum angewiesen. Es gibt andere Möglichkeiten, um Geld einzunehmen wie den Verkauf von Optionen, ganzen Fässern oder aber anderen Produkten. Hier produzieren einige Destillerien Gin, der nicht reifen muss und rasch verkauft werden kann. Doch hier sind Margen geringer als bei Whisky und auch der Gin-Markt ist enorm gewachsen. Alleine in Schottland gibt es rund 100 Gin-Produzenten.

Wenn aber kein Geld mit dem Besuch der Brennerei, Merchandising-Produkten, dem angegliederten Café oder Restaurant verdient werden kann, dann brechen wichtige finanzielle Quellen weg. Gerade wenn die Investoren knapp kalkuliert haben. Sie haben alle finanzielle Reserven, die für die Lohnkosten, für den Betrieb, die Rohmaterialien (z.B. Gerste) und Marketing (die Marke muss erst gestärkt werden) reserviert sind. Doch wenn die laufenden Einnahmen in dem Businessplan mit berücksichtigt sind, können fehlende Gelder schnell zum Problem werden.

Hier wird es interessant zu sehen sein, wer genug Reserven hat, oder andere Geschäftszweige bedient. So haben vor allem unabhängige Abfüller mit ihrem Portfolio bereits einen wichtigen Kundenstamm. Sie haben in den letzten Jahren in eigene Brennereien investiert, um einfacher Fässer tauschen zu können. So denke ich, dass zum Beispiel Ardnahoe kein Problem haben wird, da der Inhaber Hunter Laing & Co. Ltd. genug Whisky-Produkte in seinem Portfolio hat und langfristig sein Investment geplant hat.

Doch wie wird es anderen gehen, die her knapp kalkuliert haben? Was denkst Du? Du kannst gerne über die Kommentarfunktion antworten.