Lost distilleries

Wenn man einige Jahre zurückdenkt und sich noch Prospekte kurz nach der Jahrtausendwende durchliest, der wird noch ein ganz anderes Bild in Erinnerung haben, als das was die beiden letzten Tage als Pressemitteilungen heraus gehauen wurde. In diesen Prospekten wurden gejammert, was es doch für ein Verlust ist, dass die eine oder andere Destillerie schliessen musste. Darunter wurden auch die drei Namen Rosebank, Brora, oder Port Ellen genannt. Natürlich kann man sagen, dass gerade Port Ellen nicht immer den besten Single Malt Whisky produziert hat. Hier war die Qualität mal gut, aber eben auch mal ziemlich schlecht. Bei Rosebank konnte man das nicht sagen: er gilt heute noch unter Kennern als der beste Lowland Whisky schlechthin. Man denke nur an die 8 Jahre alte Original-Abfüllung, aber auch an viele Fässer verschiedenster UAs (unabhängige Abfüller). Und auch Brora war praktisch immer dem „Nachfolger“ Clynelish überlegen.

Meine Anfänge mit Rosebank

Gerade an Rosebank erinnere ich mich gerne zurück, denn mit diesem Single Malt Whisky begann eigentlich die Leidenschaft für das Lebenswasser. Es war mein erster Single Malt, den ich an einem Whisky-Dinner getrunken hatte. Es war eine tolle und damals noch erschwingliche Abfüllung von Signatory, die ich dann auch gleich gekauft habe. Aber auch mein erster Besuch in Schottland war geprägt von Rosebank. Am ersten Tag, als wir in Edinburgh gelandet sind, sind wir mit dem Mietauto gleich ins nahegelegene Falkirk gefahren, um die Brennerei zumindest von aussen zu sehen. Und wie es der Zufall so wollte, haben wir einen ehemaligen Mitarbeiter getroffen, der so begeistert war, dass wir uns noch für „seine“ Brennerei interessierten. Er erzählte uns diverse Anekdoten und zeige uns noch einiges von der Brennerei. Im Anschluss sind wir in eine der ehemaligen Lagerhäuser gegangen, um dort etwas zu essen und zu trinken. Das Lagerhaus war damals schon umgebaut worden von Beefeater als Restaurant, auch wenn noch einiges im Gemäuer auf Rosebank hingewiesen hat. Und auch die letzten Jahre habe ich mir immer mal wieder die eine oder Abfüllung Rosebank gegönnt und war nie davon enttäuscht, denn nicht umsonst nennt man Rosebank „König der Lowlands“.

Die letzten Jahre

Rosebank

Gerade bei Rosebank war das doch eher ein Trauerspiel, wenn man bedenkt, dass sich die meisten Fachleute einig waren, dass Rosebank mit zu den besten Lowland Whiskys überhaupt gehörte. Nein, man war damals der Meinung, dass eine idyllisch gelegene Brennerei Glenkinchie die bessere Wahl sei, um mehr Besucher anzulocken. Natürlich kommen einige Touristen und Whisky Fans vorbei, aber der Single Malt von Glenkinchie hat nicht den Charakter von Rosebank, wenngleich es sicherlich kein schlechter Whisky ist. So hat man im Gegenzug Rosebank geopfert und so wurde die Brennerei 1993 endgültig geschlossen. Aus einem Teil der Lagerhäuser wurden Appartments, ein Lagerhaus zum Restaurant der Kette Beefeater umgebaut. Den Rest durfte man zum Glück nicht abreisen, da die Gebäude bis heute unter Denkmalschutz stehen.

Dann hatte man Jahre lange geblockt bei Diageo und niemand durfte überhaupt nur daran denken, dass man etwas mit Rosebank unternehmen könnte. Dann gab es einmal ein Gerücht, dass man die Brennerei für 2 Mio. Pfund wieder hätte in Betrieb nehmen können. Da seien aber Investitionen gewesen, die man hätte in die Hand nehmen müssen. Doch niemand wollte 2 Mio. Pfund Sterling investieren. Es gab diverse Bestreben und immer wieder auch Diskussionen, wenn nicht gar Streitereien um die Markenrechte von Rosebank. Es gab weitere Gerüchte und Projekte rund um die Auferstehung von Rosebank. Einmal war die Rede von einem Ehepaar, die investieren wollten, dann wiederum um eine Brauerei, die auch Whisky herstellen wollten.

Doch wirklich passierte folgendes: der Inhaber Diageo verkauft bis heute aus den Lagerhäusern gewisse Abfüllungen von Rosebank. Unabhängige Abfüller tun das auch ab und an mal wieder und bringen die eine oder andere Abfüllung auf den Markt. 2002 gingen aber die Gebäude an British Waterways, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts war und zu 100% der Regierung von Großbritannien gehörte. Diese wurde dann in die Stiftung Canal & River Trust (Scottish Canals) überführt, die sich weiterhin um die Verwaltung der schiffbaren Flüsse kümmerte. Die Pressemitteilung vom 10.10.2017 war dann doch sehr überraschend, als Ian Macleod Distillers bekanntgab, die Marke zu reaktivieren, alte Abfüllungen herauszubringen und in eine neue Whisky-Produktion investiert, um den Stil dieses außergewöhnlichen und eleganten Whiskys zu bewahren. Wird tatsächlich in den denkmalgeschützten Gebäuden wieder Whisky gebrannt werden, auch wenn sie momentan doch recht trostlos aussehen und 2009 gar ein Grossteil der Einrichtung gestohlen wurde? Auf jeden Fall möchte man Besucher anlocken in dieser Ecke von Falkirk. Die offizielle Pressemitteilung lässt leider vieles offen. Eine Website existiert ebenfalls bereits. Ersten Meldungen zufolge sollen 10-12 Millionen investiert werden und natürlich 3-fach destilliert werden wie das in den Lowlands üblich ist und bei Rosebank immer gemacht wurde. Der neue Spirit soll ab 2019 fließen und man geht von einer Produktionsmenge von 0.5-1 Mio. Liter reinen Alkohol aus.

Port Ellen

Gerade einige Einzelfassabfüllungen von unabhängigen Abfüllern, aber auch die Original-Releases von Diageo haben es vielen Whisky-Liebhabern angetan. Und so wurden diese Abfüllungen immer teurer und seltener. Doch die Geschichte dazu ist in den letzten Jahren schnell erzählt. 1983 nach der Schließung wurden Teile der Anlage demontiert und auch die Brennblasen gingen irgendwann nach Indien, um dort weiterhin ihren Dienst zu tun. Im Jahre 2003 wurden dann einige der Gebäude abgerissen. Die meisten Lagerhäuser liess man stehen, da noch Lagerbestände vorhanden waren, aber auch um Whisky von Lagavulin darin zu lagern. Die Mälzerei hinter der ehemaligen Brennerei ist seit jeher Malz-Lieferant für die meisten Brennereien auf der Insel Islay. Nun möchte Diageo einige Millionen Pfund Sterling investieren, um die Brennerei wieder in Betrieb zu nehmen. Das führt dazu, dass die Insel Islay um eine weitere Attraktion reicher wäre. Wie das dann genau aussehen wird, werden wir sicherlich demnächst erfahren.

Brora

Bei Brora ist es am einfachsten beziehungsweise am schnellsten erklärt, was die letzten Jahre passiert ist. 1967 sollte die neu errichtete Brennerei Clynelish die alte ersetzen. Doch bis 1983, wo UDV, der Vorgänger von Diageo, sieben weitere Brennereien geschlossen hat, lief sie parallel. In dieser Zeit hiessen die beiden Brennereien Clynelish A und B. Nach der Schliessung von Brora wurden die Lagerhäuser weiter durch die „neue“ Brennerei genutzt. Brora wurde aufgrund des Denkmalschutzes auch nie abgerissen oder verändert. Selbst die Brennblasen und die gesamten Anlage ging immer mal wieder versuchsweise in Betrieb. Hier ist wahrscheinlich am wenigsten zu tun, um den Betrieb wieder aktiv zu nehmen. Ein Besucherzentrum müsste sicherlich dazugebaut werden, aber Platz ist vor Ort genug. Vom Stil her war Clynelish immer leicht anders als Brora, auch wenn das damalige Ziel war, die Whiskys möglichst gleich hinzubekommen.

Fazit

Als Whisky-Liebhaber und Fan einer oder gar mehrerer der drei Marken werden Freude haben. Natürlich wird gleich laut, dass das doch eine reine Geldmacherei sei. Natürlich möchten alle Geld verdienen und das ist ja auch gut so. Aber nur, wenn es gelingt, dass diese Whiskys den jeweiligen Charakter ihrer legendären Vorgänger näherbringen, wird das der Kunde auch akzeptieren. Und was noch wichtiger ist: haben die Kunden den langen Atem, wenn dann vielleicht in 15-20 Jahren der „neue“ Whisky im Verkauf zur Verfügung stehen wird?

Ich auf jeden Fall freue mich und hoffe, dass alle drei „Experimente“ gelingen werden und bin sehr darauf gespannt, was da dann in einigen Jahren folgen wird, oder ob es es nicht doch wieder die eine oder andere Ankündigung war, die zu einem schönen Luftschloss verkommt.